© Daniel SostaricNatascha Gangl
FRISCHE APPELLE & andere SprechtexteDie Autorin Natascha Gangl hat den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Jurorin Brigitte Schwens-Harrant sprach in ihrer Laudatio von einem «unfassbar präzise gestalteten Text».FRISCHE APPELLE versammelt Vortragstexte, die aus der sinnlichen Qualität von Klang, Intonation und Rhythmus ihre volle Bedeutung entfalten. Hier wird das Hörereignis als einmalige Erfahrung im Jetzt ins Recht gesetzt. Die Autorin lehrt uns, mit den Ohren zu sehen. Poesie wird als leib-basierte Erfahrung evident, thematisch insbesondere in Gangls Hommagen an transgressive Künstler:innen wie Unica Zürn, Roberto Matta oder Anestis Logothetis. Die Artikulation von Lauten und Wörtern im Mundraum erscheint als Analogon zum Entstehungsprozess von Welt. Die darin herrschenden, skandalösen Sprachverwendungen (Verhör, Anzeige, Richterspruch u.a.) nimmt die Autorin mittels virtuosem «Verhören» und anderer Manipulationen aufs Korn. Wenn der «Lauf der Dinge» in der Vorstellung eines Gewehrlaufs mündet oder «Sesshaft» als weibliches Hauptwort eingeführt wird, treten gesellschaftliche Verhältnisse handgreiflich zu Tage. Im Zulassen freier Assoziation und kraft akustischer Entfesselung formt Natascha Gangl ein Modell anarchischer Gegenläufigkeit. FRISCHE APPELLE sind laut zu lesen: als Intervention in das Bestehende und als beherzter Aufruf zum Miteinander.
Natascha Gangl, geboren 1986 in Bad Radkersburg, lebt in Wien und der Südoststeiermark. Sie studierte Philosophie in Wien und Szenisches Schreiben bei uniT Graz. Gangl schreibt Prosa, Essays und Sprechtexte, entwickelt Musik-, Objekt- und Sprechtheater sowie Hörstücke, die auch zu Ereignissen und Ausstellungen werden. Natascha Gangl schreibt vorwiegend Texte für Theater, erarbeitet Hörstücke und theatrale Installationen. In der Spielzeit 2013/2014 war sie Hausautorin am Staatstheater Mainz. Ihr Prosa-Debüt Wendy fährt nach Mexiko erschien 2015 im Ritter Verlag. Sie reist seit 2006 beständig und schreibt und übersetzt so «zwischen» Österreich, Spanien und Mexiko.
